It’s a „She Thing“ | Frauenmuseum Berlin
Acht Berliner Künstlerinnen des Frauenmuseums präsentieren in der Ausstellung It’s a „She Thing“ ihre Perspektiven auf vergangene bis aktuelle frauen- und genderimmanente Fragen. In einer Art Umschau durch die vergangenen 100 Jahre werden Missstände und Handlungsbedarfe, kurzweilige Erfolge und Erwartungshaltungen verhandelt und einige der Möglichkeiten des aktuellen Diskurses um Diversity, Identitätspolitik und Selbstermächtigung skizziert.
Ulrike Dornis dekonstruiert mittels weiblichem Reenactment das ikonographische, männlich geprägte historische Bildgedächtnis und befreit auf ihren großen Pastellzeichnungen die tradierten Posen der Alten Meister*innen mit Hilfe weiblicher Modelle in neuartigen Bewegungssequenzen.
Die Angst vor Konkurrenz sorgte dafür, dass die gerade erst zugelassenen Frauen ihr Studium ab 1920 am Bauhaus ausschließlich in der „Webereiklasse“ absolvieren durften. Verena Kyselkas Installation ist eine Hommage an die Künstlerinnen jener Klasse und ihr beharrliches Schaffen in einer überaus männerbündischen Künstler-Sphäre.
Virginia Woolfs Sehnsucht nach „Einem Zimmer für sich allein“, dem 1929 erschienen Essay, bildet die Grundlage von Anja Sonnenburgs Arbeit. Größtenteils rot übermalt, ergeben die freistehenden Worte der 150seitigen Reclamausgabe – verbunden durch weiße Linien – eine Gedankenlandkarte, die zum mentalen Flanieren auffordert.
Rachel Kohns figurative Keramik-Skulpturen sind eine Reflexion auf tradierte Rollenbilder und Erwartungshaltungen. Sie erzählen von den alltäglichen Sorgen und Lasten weiblicher Lebenswelten, begleitet vom Verlangen nach Veränderung. Sie mahnen: In puncto Gleichstellung besteht nach wie vor Handlungsbedarf!
Die wilden Strukturen der Natur dienen Sibylla Weisweiler als Ausbruch aus unliebsamen Zuständen und festgefahrenen, frustrierenden und gesellschaftlich normierten Anforderungen an Frauen. Ihre Gedankenwälder sprengen den Mental Load und lassen den Alltag durch die überlagerten verflochtenen Verästelungen hinter sich.
Über lange Zeiträume verknüpft Andrea Golla Strümpfe und Strumpfhosen Anderer zu textilen Arbeiten, deren Inhalte wahrlich in Auflösung begriffen sind: Unermüdlich verwirft sich das ornamentale „SEXES“ Zeile für Zeile selbst und eröffnet den Blick jenseits binärer Codes. Ein Lewis-Carrol-Zitat kann – muss aber nicht – dechiffriert werden, um den offensichtlichen Sinn hinter den Worten zu begreifen.
Zuzanna Schmukallas informelle Malerei zeigt starke Analogien zur aktuellen Genderdebatte: beide lösen sich von ihren kulturellen Wurzeln und eröffnen individuelle Freiheiten in der Kunst der Nicht-Form/-Angepasstheit. Mit der Aufhebung von bestehenden (binären) Strukturen wird Diversität möglich.
„Bitch“ und „Slut“ – offenkundige Beleidigungen von Frauen -, prangen in großen, gegossenen Betonlettern an der Wand. Susanne Piotters Arbeiten sind eine Referenz an Rap-Künstlerinnen, die sich der negativen Zuschreibungen entledigen, sie umgekehrt haben und als Selbstzuschreibung ostentativ für sich nutzen.
Das Frauenmuseum Berlin versteht sich als Netzwerk für in Berlin lebende und arbeitende Künstlerinnen. Ziel des Engagements ist es, ihnen ein Forum zu bieten, ihre Vernetzung zu fördern und durch Ausstellungen von zeitgenössischen Positionen eine interessierte Öffentlichkeit auf ihre Arbeiten aufmerksam zu machen.
Kuratiert von Rebekka Liebmann
Termine:
Sonntag, 15.1.2023, 14 –16 Uhr
Ausstellungsrundgang mit der Kuratorin
Sonntag, 12.2.2023, 14 –16 Uhr
Finissage – die Künstlerinnen sind anwesend