4 Fragen an Yvonne de Andrés
Die Kulturmanagerin Yvonne de Andrés kennt aus ihrer Arbeit bei den BücherFrauen und Pro Quote Frauennetzwerke sehr gut. Sie gibt Auskunft über deren Bedeutung, Vorteile und Herausforderungen.
1. Wie erklären Sie sich den großen Anstieg von Frauennetzwerken in Kultur & Medien?
Frauen möchten sichtbarer in der Kultur- und Medienbranche sein. Lange hat sich nichts bewegt, diese Ungleichheit abzuschaffen. Meiner Meinung nach wird es ohne eine Quote keinen Kulturwandel geben. Kultur braucht Wandel und wir sehen, dass die Strukturen viel mit Macht und Privilegien zu tun haben. Die mehrheitliche patriarchale Gesellschaft wird diese meist nicht freiwillig zur Verfügung stellen. Erst wenn Wandel erfolgt, kann weibliche Expertise, Gleichstellung und Diversität vorangebracht werden. Zulauf haben deshalb Frauennetzwerke, die Geschlechtergerechtigkeit als ein zentrales Anliegen definieren. Das trifft auf Vereine und Initiativen wie Pro Quote Medien (2012), Pro Quote Film (2015), Pro Quote Bühne (2017) oder in der Musikbranche auf die Initiative Keychange (2015) zu. Die „Killerphrase“, dass Personalbesetzungen oder die Vergabe von Aufträgen nach Qualität entschieden werden statt nach Quote, hat sich als unhaltbar erwiesen. Widerlegt haben dies zahlreiche Studien. Es ist endlich Zeit zum Umdenken!
2. Welche Bedeutung kommt Frauennetzwerken aus Ihrer Erfahrung bei den BücherFrauen und Pro Quote zu?
Es handelt sich bei den BücherFrauen und Pro Quote um ganz unterschiedliche Netzwerke. Die BücherFrauen verstehen sich als feministisches branchenpolitisches Netzwerk. Deren Grundideen sind Wissensaustausch, Networking und gegenseitige Unterstützung. Die regionalen Netzwerke organisieren sich selbst und setzen verschiedene Ideen um, wie z. B. Fortbildungen oder spezielle Vortragsreihen. Seit 1990 ist das bundesweite Frauennetzwerk BücherFrauen ein aktiver Verein mit 15 Regionalgruppen und einem bundesweiten Vorstand. So findet ein netzwerkübergreifender Austausch statt.
Die „Quoten-Initiativen“: Pro Quote Medien, Pro Quote Film und Pro Quote Bühne kämpfen für frauen- und geschlechterpolitische Ziele auf politischen, kulturellen, beruflichen oder sozialen Gebieten. Speziell „Pro Quote Film“ und „Pro Quote Bühne“ fordern, dass bei der Vergabe öffentlicher Gelder gezielte Gleichstellungsmaßnahmen notwendig sind, um so die Schieflage zu beseitigen und Vielfalt und Diversität zu fördern. Dort wo Quoten angewendet werden, kommt es zu schnellen Verbesserungen und zu fälligen Umstrukturierungen. Zur Erreichung dieses Kulturwandels ist die Quote das wichtigste Instrument, um Qualitätssicherung, Gleichstellung und Diversität zu gewährleisten. Für einen echten Kulturwandel werden eine entschiedene Gleichstellungspolitik und verbindliche Gleichstellungsmaßnahmen nötig sein.
3. Welche spezifischen Bedürfnisse bedienen Frauennetzwerke und auf welche Weise? Bieten sie eindeutige Vorteile?
Der professionelle Austausch unter Frauen ist für viele sehr wichtig. Mit der Zunahme von immer qualifizierteren Frauen und deren Einstieg in Führungsetagen haben berufliche Frauennetzwerke einen verstärkten Zulauf erhalten. Es geht dabei um Austausch, Teilen von Wissen, Hinweise auf offene Stellen, Qualifikation und die Erkennung von Strukturen und Barrieren. Viele Frauen empfinden den beruflichen Austausch sowohl zwischen Gleichgesinnten als auch Fachfremden als besonders wertvoll.
4. Welche Herausforderungen stellen sich bei der Netzwerkarbeit? Was fordern Sie auch von der Politik, um diese zu bewältigen?
Frauen haben es immer noch schwer im Kultur- und Medienbereich. Es bleibt ein langer Weg zur Gleichstellung. Daher ist es wichtig, dass gezählt wird. „Zählen zählt!“, erläutert wiederholt Elizabeth Prommer, Leiterin des Instituts für Medienforschung an der Universität Rostock. Unter ihrer Federführung hat das Projekt „Frauen zählen“ zur Sichtbarkeit von Frauen im Kultur- und Literaturbetrieb geführt: „Zahlen statt Bauchgefühl“! Auch in anderen Bereichen der Kultur- und Medienbranche hat die Medienwissenschaftlerin analysiert und erhebliche Ungleichverhältnisse aufgezeigt. „Wenn wir in diesem Tempo weiter vorankommen, brauchen wir bis 2032, bis die Parität erreicht ist“, erklärte Elizabeth Prommer und empfiehlt verstärkt die Netzwerkarbeit.
Mit der Studie des Deutschen Kulturrates „Frauen in Kultur und Medien. Ein Überblick über aktuelle Tendenzen, Entwicklungen und Lösungsvorschläge“ von 2016 wurden wichtige Zahlen und strukturelle Gaps von den Frauen in der Kultur und Medienbranche erhoben und in einem breiten Zusammenhang dargestellt. Es erscheint mir unerlässlich, damit Gleichstellung und Diversität vorangebracht werden, die Veränderungen der letzten sechs Jahre mit einem Monitoring zu begleiten. Denn nur wenn wir wissen, wo wir stehen, können wir strukturelle Benachteiligungen und Hürden angehen und feststellen, ob die Entwicklung voranschreitet oder nicht. Der politische Rahmen hat sich mit der neuen Bundesregierung seit Dezember 2021 wesentlich verändert. Gleichstellung und Quoten sind wesentliche Instrumente dieser Regierung. Diese gilt es künftig zu nutzen.
Yvonne de Andrés ist Kulturmanagerin, Pressefrau und Vorstand des Deutschen Frauenrates.
Dieser Text ist Teil des Dossiers „Frauen in Führung“.