Bühnenmütter e.V.
Gründungsjahr: 2021
Gründungsimpuls: strukturelle Benachteiligung von Eltern in Bühnenberufen sichtbar machen und bekämpfen
Anzahl Ihrer Mitglieder: 55
Ziele des Netzwerks: Eltern stärken, familienfreundliche Strukturen schaffen und ein zeitgemäßes Mutterbild in der Kunst prägen
Finanzierung: Mitgliedsbeiträge, projektbezogene Fördermittel
Was ist erforderlich, um Geschlechtergerechtigkeit in Ihrem Wirkungsfeld zu fördern?
Institutionen in der deutschsprachigen Theaterlandschaft sind noch immer von einer patriarchal dominierten Hierarchie geprägt, die sich besonders durch einen am Theater nach wie vor stark vertretenen Genie-Kult etabliert und gehalten hat. Gesellschaftlich wurde dieses Genius häufig männlich und weiß, mindestens aber unabhängig, ständig verfügbar und ausschließlich für die Kunst lebend assoziiert. In diesem Kontext ist das Bestreben nach Geschlechtergerechtigkeit eine besondere Herausforderung. Zumal der Bühnenmütter e.V. eine besonders vulnerable Gruppe der Frauen, die Mütter, vertritt.
Geschlechtergerechtigkeit kann in unseren Augen also nur als Ziel einer Transformationsbewegung stehen, die eine Hinterfragung der Leitkultur deutscher Kulturbetriebe voraussetzt.
Welche Impulse nehmen Sie in Ihrem Netzwerk wahr? Können Sie Themenschwerpunkte identifizieren, die aktuell an Bedeutung gewinnen?
Faire Lösungen für Kinderbetreuung sowie eine Arbeitszeitplanung, die die Bedürfnisse von Eltern berücksichtigt, sowie eine gezielte Frauenförderung sind aktuell zentrale Themen.
Hinter diesen konkreten, notwendigen Umstrukturierungen in den Institutionen stellt sich zusätzlich die Frage, wie eine grundsätzliche Wertschätzung von Care-Arbeit und Familie gelingen kann. Dabei geht es um nichts weniger als eine neue Arbeits- und Führungskultur, mit gezielter Förderung weiblicher Führungskräfte und einer Sensibilisierung von Intendanzen, die dadurch die Arbeitnehmerschaft in größeren Zusammenhängen und Care Arbeit als gesamtgesellschaftliche Verantwortung begreift.
Wie hat sich Ihre Arbeit im Laufe der Jahre verändert?
Die Bühnenmütter sind als Initiative gestartet und haben durch die Erstellung und Auswertung der Pilotstudie und die regelmäßig stattfindenden digitalen Konferenzen eine große Bekanntheit und einen sehr regen Zulauf erfahren.
Seit der Gründung zum Verein 08/22 gibt es feste und professionelle Strukturen und Ämter, die die Effizienz des Vereins um ein Vielfaches gesteigert haben und die nun ganz neue Themen, Arbeitsgruppen und Teilhabe ermöglichen.
Außerdem ist zu spüren, dass das Thema „Vereinbarkeit in den darstellenden Künsten“ immer mehr in den Fokus gerückt wird und die Bereitschaft der Kulturinstitutionen und anderer Vereinigungen, das Thema zu bearbeiten und strukturelle Änderungen zu durchdenken, sehr zugenommen haben.
Daher haben sich bei den Bühnenmüttern konkrete Projekte formiert, die praxisnah und beratend unterstützen, dem Thema Vereinbarkeit Sichtbarkeit verleihen, wie die Arbeit an einem Familiensiegel, einem Mentoring-Programm und dem Workshop-Seminar Next Generation für Hochschulen.
Was sind die wichtigsten Erkenntnisse in Ihrer bisherigen Netzwerkarbeit?
Es gibt leider noch zu viele Kulturschaffende, die unter prekären Umständen ein Familienleben meistern müssen. Darüber herrscht kein Bewusstsein. Noch immer wird darüber aus Scham geschwiegen. Viele Punkte, die längst in Vereinbarungen verankert sind, kommen nicht zum Tragen, aus Trägheit von gelebter Routine und immer noch patriarchalisch geprägten Rollenmustern in vielen Bereichen der Arbeitswelten in den darstellenden Künsten. Die Best-Practice-Beispiele nehmen dennoch zu und die Stimmen nach einem grundlegenden Wandel werden lauter. Wir sind uns darüber im Klaren, dass die Veränderungsprozesse, die wir fordern einschneidend sind und dennoch erleben wir in dem Zuspruch der Mitglieder (Mütter und Nicht-Mütter) und der Unterstützer*innen und Kritiker*innen, eine große Bestätigung.
Für die Zukunft müssen wir uns darauf fokussieren, Veränderungsprozesse langfristig an der Basis zu begleiten: Die nötige Transformation endet nicht beim Erstellen von Regularien.
Kinder sind unsere Zukunft, kein Luxusartikel den wir uns gegebenenfalls “gönnen”. Für alle Kunstsparten, Gesellschaftsgruppen und Generationen sollte familiäre Fürsorge nachhaltig in unseren Arbeitstrukturen verankert werden.
Weitere Informationen zu Bühnenmütter e.V. finden Sie hier.
Vier Fragen an… bietet Netzwerken aus der Kultur- und Medienbranche regelmäßig die Gelegenheit sich vorzustellen. In unserer Datenbank sammeln sich mittlerweile 60 Netzwerke mit unterschiedlichen Arbeitsschwerpunkten und Ausrichtungen. Sie alle verbindet das Engagement, die Rahmenbedingungen für Frauen in der Branche zu verbessern.