ProQuote Film
Gründungsjahr: 2014 (als ProQuote Regie, 2017 Erweiterung zu ProQuote Film)
Gründungsimpuls: Eklatante Geschlechterungerechtigkeit in der Filmbranche
Ziele des Netzwerks: mehr Frauen vor und hinter der Kamera
Finanzierung: Mitgliederbeiträge, Projektförderungen, Spenden
Was ist erforderlich, um Geschlechtergerechtigkeit in Ihrem Wirkungsfeld zu fördern?
Folgendes ist erforderlich: Frauen sichtbar machen und Aufmerksamkeit für das Thema schaffen; Aufklärung durch Publikationen, Kongresse und Netzwerkveranstaltungen; Dialog mit Entscheider*innen führen, um Stereotype, Rollenklischees und Vorurteile ausfindig zu machen und zu überwinden; klare Regeln gegen Frauenhass und Diskriminierung aufstellen und gesetzlich verfolgen; Transparenz durch eine jährliche Veröffentlichung der Geschlechterquote aller Gewerke; den eklatanten Gender-Pay-Gap von mindestens 31 Prozent und die damit einhergehende Altersarmut enttabuisieren und sofort abschaffen. Genderquoten im Filmförderungsgesetz (FFG) sind wichtig, aber auch Vorgaben an das öffentlich-rechtliche Fernsehen, denn öffentliche Gelder sollten geschlechtergerecht ausgegeben werden. Die Struktur der Filmbranche ist frauenfeindlich, die „Gläserne Decke“ existiert. Neben einer 50-Prozent-Quote für Gremiensitze, Produktionsmittel und anderes fordern wir eine 30-Prozent-Quote nach diverser Besetzung. Ohne gesetzliche Vorgaben kann sich die risikoscheue Filmbranche nicht reformieren. Selbstverpflichtung hat in keiner Branche zur Veränderung geführt. Die Quote fördert Kreativität, Qualität und sorgt für eine Vielfalt der Stimmen.
Welche Impulse nehmen Sie in Ihrem Netzwerk wahr? Können Sie Themenschwerpunkte identifizieren, die aktuell an Bedeutung gewinnen?
Der extreme Nachwuchs- und Arbeitskräftemangel machen es dringend notwendig den Filmberuf gerechter und nachhaltiger zu gestalten. Diskussionen um den Gender-Pay-Gap spielen eine große Rolle, sowie soziale Mindeststandards und familiengerechtes Drehen. Berichte von drastischen Kündigungen, die sich nur aufgrund von Gender-Bias erklären lassen, vermehren sich. Die mühsam von 11 auf 28 Prozent angestiegene Regisseurinnenquote ist bei über 49-Jährigen zurück auf 16 Prozent gefallen. Altersdiskriminierung, Verteilungskampf von Aufträgen und Geldern und geschlechtsspezifische Gewaltdarstellung bleiben weiterhin akute Themen.
Wie hat sich Ihre Arbeit im Laufe der Jahre verändert?
2014 ging ein Schock durch die Branche, ob der Beschäftigungszahlen der Filmhochschulabsolventinnen im Fach Regie von lediglich 11 Prozent. Dabei waren 42 Prozent der Absolventinnen Frauen. Studien wurden in Auftrag gegeben, welche die Schieflage bestätigten. Dem Erkenntnisproblem folgte ein Umsetzungsproblem. Es wurden 20-Prozent-Quoten erlassen, unter der Voraussetzung, dass „die Qualität nicht leidet“. Wir arbeiteten an der Sichtbarmachung von Frauen, stellten die Qualitätsfrage. Die Umsetzung der Gleichstellung wurde zur politischen Aufgabe, ProQuote Regie zu ProQuote Film erweitert – mit sämtlichen Gewerken. Die Diversitätsfrage löste die Genderfrage ab; Diskussionen um „White Feminism“, Migrationshintergrund und Inklusion gerieten in den Fokus. Im Moment haben wir nach vielen Erfolgen, was die Quote und die Gleichberechtigung angeht, mit einem harten Backlash zu kämpfen. Frauenhass und Hetze nehmen weltweit, auch in Deutschland, rasant zu. Was sich also nicht geändert hat, ist der kontinuierliche Kampf gegen Stereotype und respektloses Verhalten Frauen gegenüber.
Was sind die wichtigsten Erkenntnisse in Ihrer bisherigen Netzwerkarbeit?
Nach einer ersten Aufmerksamkeitswelle für diverse Forderungen, bleibt es schwer weitere Schritte zu gehen und Umstrukturierungsprozesse konkret zu fördern. Netzwerke wollen gepflegt werden. ProQuote Film wird jedoch durch ehrenamtliche Arbeit aufrechterhalten, die nicht einfach nebenbei zu erledigen ist. Eine stetige institutionelle Förderung wäre extrem wichtig und zielführend für eine frauengerechte Kulturpolitik. Wir sind Teil der Berliner Erklärung, welche die Interessen von 12,5 Millionen Frauen vertritt. Unsere erfolgreiche Zusammenarbeit mit der MaLisa Stitung, Let’s Change The Picture, ProQuote Bühne und anderen Gleichstellungsorganisationen der Filmbranche weiten wir momentan Europa übergreifend aus. Netzwerken bedeutet Empowerment.
Weitere Informationen zu ProQuote Film finden Sie hier.
Vier Fragen an… bietet Netzwerken aus der Kultur- und Medienbranche regelmäßig die Gelegenheit sich vorzustellen. In unserer Datenbank sammeln sich mittlerweile 60 Netzwerke mit unterschiedlichen Arbeitsschwerpunkten und Ausrichtungen. Sie alle verbindet das Engagement, die Rahmenbedingungen für Frauen in der Branche zu verbessern.