fair share!
Gründungsjahr: 2020
Gründungsimpuls: die eklatante Diskrepanz in der Sichtbarkeit von Werken von Künstlerinnen gegenüber jenen von Künstlern in Kunstsammlungen und Museen deutschland- und weltweit
Ziele des Netzwerks: Gendergerechte Ankäufe und Ausstellungstätigkeit aller vom Staat subventionierter Institutionen; Selbstverpflichtung zur gendergerechten Arbeit aller Institutionen des Kulturbetriebs (insbesondere der Bildenden Künste), Etablieren einer bundesweiten Künstlerinnen-Datenbank im Ressort der Staatsministerin für Kultur und Medien, Einführung von deutlich mehr und gezielten Förderungen und Preisen für Künstlerinnen aller Altersstufen, Förderprogramme für Künstler*innen mit Erziehungs- und Care-Aufgaben, Entwicklung von Förderprogrammen zur gezielten Unterstützung des Wiedereinstiegs nach familienbedingter Auszeit
Finanzierung: private Spenden
Was ist erforderlich, um Geschlechtergerechtigkeit in Ihrem Wirkungsfeld zu fördern?
Zunächst sollten sichtbare Institutionen wie die Akademie der Künste in Berlin, die Staatlichen Museen zu Berlin und vergleichbare Einrichtungen in Deutschland Signale setzen für mehr Sichtbarkeit von Künstlerinnen. Klare Bekenntnisse zu einer gendergerechten Arbeit wären massive Ankäufe von Kunstwerken von Frauen, Einzelausstellungen, Retrospektiven, Podien, Publikationen, verbunden mit gezielter Pressearbeit. Dieses Bekenntnis „von oben“ würde auch den Kunstmarkt sensibilisieren und sich schließlich auch auf die Förderprogramme auswirken. Erst wenn es selbstverständlich ist, dass in zeitgenössischen Sammlungen 50 % Künstlerinnen gezeigt werden und 50 % der Ankaufsbudgets für die Kunst von Frauen ausgegeben wird, wenn Gender Discount und der Gender Show Gap geschlossen sind, ist das Ziel erreicht, das sich alle Verantwortlichen setzen sollten. Auch im Förderbetrieb sollten Künstlerinnen und vor allem care-arbeitende Künstlerinnen stärker in den Fokus genommen werden.
Welche Impulse nehmen Sie in Ihrem Netzwerk wahr? Können Sie Themenschwerpunkte identifizieren, die aktuell an Bedeutung gewinnen?
Es gibt eine breite Unterstützung für unsere Themen und Anliegen unter den weiblichen Kulturschaffenden, allerdings haben sie wenig freie Ressourcen, um sich einzubringen. Für viele Künstlerinnen ist das existenzielle Thema „fair pay“ oder angemessene Entlohnung von Kulturarbeit relevanter als eine Aufarbeitung des kunsthistorischen Kanons, auch wenn es stark miteinander korrespondiert. Eine besonders vulnerable Gruppe ist jene der alleinerziehenden und care-arbeitenden Künstlerinnen. Für Themen rund um Elternschaft und Kunstproduktion gibt es allgemein – auch seitens der Interessensverbände – zu wenig Engagement. Gerade hier wäre viel mehr Beachtung wünschenswert.
Wie hat sich Ihre Arbeit im Laufe der Jahre verändert?
Ausgangspunkt für unsere Arbeit war das Missverhältnis von Künstlerinnen und Künstlern an den Museen in Berlin. Einige Museen haben in den letzten Jahren aufgeholt und bemühen sich um eine gendergerechte Arbeit, andere bleiben weiterhin sehr weit hinter unseren Erwartungen zurück. Es gibt teilweise offene Türen, die wir einrennen, aber wenig Taten, die folgen. Es braucht sehr viel Beharrlichkeit und beständiges Netzwerken, um weiterhin im Gespräch zu bleiben. Die Kultur hat gerade jetzt, in Zeiten, wo überall mehr Geld gebraucht wird, einen noch schwereren Stand. Inzwischen nehmen wir auch andere Themen in den Fokus (s.o.) und setzen auf den Dialog mit politischen Entscheidungsträger*innen.
In diesem Jahr sind wir ein eingetragener Verein geworden.
Was sind die wichtigsten Erkenntnisse in Ihrer bisherigen Netzwerkarbeit?
Da die Künstlerinnen sich um ihre eigene Positionierung kümmern müssen und oft Mehrfachbelastungen haben (Beruf, Brotjob, Care), haben sie wenig Zeit.
Unser Netzwerk erhält bislang keine Förderung, alle Aktionen werden über Fundraising finanziert und wir sind damit auf das unentgeltliche Mitwirken der Kulturschaffenden angewiesen. Die Arbeit lastet auf wenigen Schultern; eine Finanzierung unserer Arbeit wäre dringend geboten. Immer wieder zeigen sich auch Museumsdirektor*innen angetan von unserer Arbeit und lassen sich auf einen Dialog ein. Diese Netzwerkarbeit erfordert viel Zeit, auf der Seite der Museen gehört dies zur Arbeit, wir leisten es bisher unentgeltlich und fordern, dass diese gesellschaftspolitische Arbeit honoriert wird.
Weitere Informationen zu fair share! finden Sie hier.
Vier Fragen an… bietet Netzwerken aus der Kultur- und Medienbranche regelmäßig die Gelegenheit sich vorzustellen. In unserer Datenbank sammeln sich mittlerweile 60 Netzwerke mit unterschiedlichen Arbeitsschwerpunkten und Ausrichtungen. Sie alle verbindet das Engagement, die Rahmenbedingungen für Frauen in der Branche zu verbessern.